Als Anfänger im Cockpit

Als Anfänger im Cockpit

Mutig gebe ich Schub und versuche gleichzeitig mit den Pedalen für die Seitenruder die Boeing 737-800 in der Spur zu halten. Dass mir beim Start auf dem Flughafen Düsseldorf von der anderen Seite der Betonpiste ein Flugzeug entgegenrast, bemerke ich zur diebischen Freude meines Fluglehrers nicht.

In letzter Sekunde zieht der Flieger vor mi

Der Willicher Rolf Schumann ist Geschäftsführer der Charterfluggesellschaft Westavia in Mönchengladbach. Der Simulator soll ein zweites Standbein des Berufspiloten werden.
Der Willicher Rolf Schumann ist Geschäftsführer der Charterfluggesellschaft Westavia in Mönchengladbach. Der Simulator soll ein zweites Standbein des Berufspiloten werden. Foto: Ruth

Niederrhein.

Als Anfänger im Cockpit

So etwas kommt in der Realität natürlich nicht vor. Der Tower hätte nie die Startfreigabe für zwei Flugzeuge gleichzeitig gegeben. Und gestartet wird immer nur in eine Richtung. Zudem dürfte sich kein blutiger Fluganfänger in das Cockpit einer Verkehrsmaschine setzen und einfach sein Glück versuchen. Möglich ist solch eine Szene nur in einem Flugsimulator, wie ihn der Willicher Rolf Schumann mit seinen Partnern Peter Dirim und Benjamin Schmidt am Flughafen Mönchengladbach im alten Terminal (Am Flughafen 34) betreibt.

Als Anfänger im Cockpit

Co-Pilot Peter Dirim, der auf rund 20 000 Flugstunden am Steuerhorn großer Verkehrsflugzeuge verweisen kann, hat die nicht einfache Aufgabe, mich in die richtige Handhabung eines großen Fliegers zu unterweisen. Das komplette Flight Deck der Boeing 737-800 (Ryanair fliegt damit) hat mehrere Hundert verschiedene Bedieneinheiten, die dem Laien wenig sagen. Um ein Gefühl des Fliegens zu bekommen, braucht man hiervon gottlob nur ganz wenige. Die wichtigsten sind die Kompassrose und der HSI (Horizontal Situation Indicator), der dem Piloten zeigt, ob es nach oben oder nach unten geht und ob das Flugzeug waagerecht liegt oder zu einer Seite geneigt ist (mehr als 30 Grad sollten es nie sein). Beeinflussen kann man das alles mit dem Steuerhorn. Das Blöde ist nur, während man sich darauf konzentriert, dass der Flieger in die Waagerechte kommt, verliert er an Höhe. Also muss man wieder in den Steigflug gehen. Kaum ist das umgesetzt, soll eine Kurve geflogen werden. Aber natürlich in der richtigen Höhe von 3 000 Fuß und nicht in fast 4 000 Fuß Höhe, die ich inzwischen erreicht habe....

Der Boeing 737-800 Flugsimulator hat eine 26-Meter-Leinwand, die die Möglichkeit bietet, 24 000 Flughäfen weltweit anzufliegen. So kann man den berüchtigten alten Flughafen von Hongkong anfliegen, bei dem man lange Zeit auf einen Berg zurast, bevor es in einer scharfen 45-Grad-Kehre Richtung Landebahn geht, die im Wasser endet (man sollte also rechtzeitig zum Stehen kommen). Auch Notfallsituationen und verschiedenste Wetterszenarien können simuliert werden. Innsbruck bei heftigem Schneetreiben soll ein echtes Erlebnis sein. Denn im Vordergrund steht das Entertainment. Aber nicht nur Laien, sondern auch Piloten setzen sich ans Steuerhorn (zum Beispiel nach einer längeren Flugpause).

Mein Flug ist aber noch nicht beendet!

Höhepunkt ist natürlich die Landung. Doch wo – verdammt noch mal – sind die roten und weißen Lichter auf der Landebahn, von denen der Fluglehrer spricht? Okay, jetzt sehe ich sie.

Und da fällt mir ein: Ich fliege gerade über Meerbusch! Büderich würde ich ein Spektakel bieten. Wie eine besoffene Ente schwanke ich über die Dächer. Mal etwas höher ziehen, dann wieder kurzer Sturzflug. Mit den Flügeln wedel ich dazu noch den Kurs korrigierend wie bei einem Drahtseilakt. Dann habe ich Meerbusch mit einem Absturz verschont! Das Aufsetzen steht kurz bevor – und schon ist alles vorbei. Die Landebahn korrekt „getroffen“. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Denn ehrlich: Im wahren Leben hätte das sicherlich für feurige Schlagzeilen in der ganzen Welt gesorgt.

(Report Anzeigenblatt)